FZR 1000 3LE Test im Reitwagen Juni 1989


In den schönen Dingen dieses Lebens stimmen mein Freund Fred Merkel und ich fast hundertprozentig überein. Ein günstiges Schicksal hat auch ihm die Eingliederung in den geregelten Arbeitsprozess erspart. Umso unverständlicher, dass sich Flying Fred noch immer mit soviel Ehrgeiz in das Renngeschehen stürzt Spricht man ihn darauf auf an, beklagter meist die Eintönigkeit im Villenviertel am Mulholl and Blvd.
Außerdem genügen eigentlich 90%, solange sich Freddie Spencer von den Rennstreckenfern  hält. "Wozu riskieren", ist einer seiner Standardsätze, "es gibt zu viele schöne Dinge auf dieser Welt"
Wir haben uns oft und lange über diese Dinge unterhalten, natürlich kommt man dabei an einer Rangliste nicht vorbei. Die ersten drei Plätze dieser Rangliste standen bisher unerschütterlich fest: große, schwarze Mercedes-Coupés, kleine weißblonde Mädchen und Motorräder mit möglichst viel Leistung.

Nun ist ja hinlänglich bekannt, dass Fred auf den Rennstrecken seit geraumer Zeit mit Honda verbunden ist. Das hindert ihn natürlich nicht daran, sich auch einige andere Marken in die Garage zu stellen. Anfang dieses Jahres war Fred wieder einmal auf der Suche nach einem brauchbaren Untersatz zur Unterhaltung bei seinen wenigen Heimaufenthalten.

In Riverside kam er gerade zurecht, als wir mit der neuen FZR 1000 Reifentests durchführten. Überflüssig zu sagen, dass die beiden 1000er am oberen Ende der Serienstreuung lagen. Fred fuhr also einige Runden, kam zurück, betrachtete das Motorrad sehr lange und sagte dann: "Mein lieber Dirk, ich glaube, wir müssen die Rangliste ändern."
Inzwischen ist Fred stolzer Besitzer einer von Kerker optimierten FZR 1000, und ich habe während des Fluges nach good old Europe Zeit, über seine Worte nachzudenken" Du kannst diese 1000er nicht so warm fahren, dass Dir eine 750er auch nur nahe kommt. "
Jetzt, wo sich das gesamte Publikumsinteresse auf die neuesten 750er Highlights richtet, präsentiert Yamaha eine 1000er, die mehr Leistungspotential bietet als die Rennreplicas Außer Frage steht, daß solche Motorräder nicht mehr für jedermann gebaut sind. Obwohl man, soviel vorweg, gerade die FZR 1000 zivil fahren kann wie einen Softchopper bricht bei Aktivierung der Leistungsreserven ein Blitzkrieg über die Straße herein.
Auflage bei der Entwicklung der neuen Tausender war das Beseitigen aller Schwachstellen des Vormodells. Dieses Planziel wurde erreicht. Bis auf eine Kleinigkeit, die von den Konstrukteuren oft unterbewertet wird.
Die neue FZR ist um vier Kilogramm schwerer geworden und kann nunmehr voll getankt mit 263 kg echten Rennanforderungen nicht standhalten Wer das Gewicht akzeptiert, dem bietet die '8ger FZR auf Straßen, Autobahnen und Rennstrecken neue Dimensionen, Yamahas Konstrukteure kann ten bei der Konzeption der neuen 1000er auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Nach zwei Jahren FZR 1000 und unzähligen Rennmodellen auf Genesis-Basis wurden auch von der erfolgreichen Bimota YB 4 Anleihen genommen, Anstatt aber, wie bei der YB 4, den Motor um 8 Grad rückwärts zu drehen, wurde bei Yamaha ein neues Kurbelgehäuse entworfen, in dem die Zylinder in einem steileren Winkel stehen, Statt 45° sind es jetzt 35°, gemessen von der Vertikalen.
Diese Maßnahme verkürzt die Motorlänge und bringt mehr Gewicht auf die Vorderachse Die Kurbelwelle ist jetzt um 7 mm nach vorne und um 10 mm nach oben gerückt.

Mit dem um 10 mm verringerten Radstand wird die Handlichkeit des Motorrades verbessert und die Gewichtsverteilung verschiebt sich trotz des steiler und weiter vorne stehenden Motors um einige Prozentpunkte nach hinten.
Obwohl es mit der Verwindungssteifigkeit des Deltabox Rahmens keine Probleme gegeben hat, ist der neue Rahmen laut Yamaha doppelt so steif geworden. Das Aluprofil wurde gewinkelt und alle Achsen und Aufnahmepunkte verstärkt. Da zu zählen auch die Radachsen und die Schwingenaufnahme.

Ein Chassisbonus, der der Dämpfungsqualität zugute kommt. Die Kayaba-Gabel mit der vierfach verstellbaren Federvorspannung ist im Durchmesser auf 43 mm gewachsen, Hinten regiert ein Öhlins-Federbein mit externem Vorratsbehälter. Die Hebelverhältnisse der Monocross-Aufhängung wurden, angelehnt an den aktuellen Trend im Motocross- und GP-Geschehen, komplett geändert.
Mit 130 mm ist der Federweg des Hinterrades zwar gleich geblieben, der Hubweg des Stoßdämpfers ist dabei aber um 40% angestiegen.
Dieses Verhältnis erlaubt die Verwendung einer weicheren Feder und reduzierter Dämpfungsraten. Die Vorteile liegen auf der Hand: besseres Ansprechverhalten, gleichmäßige Wirkung über den gesamten Federweg und verringerte Fadingempfindlichkeit des Stoßdämpfers. Mit dem verkürzten Radstand und der geänderten Gewichtsverteilung ließ man sich bei Yamaha trotz des verstärkten Fahrwerkes auf keinerlei Experimente ein.

Der Lenkkopfwinkel wurde um 2° erhöht. wodurch sich der Nachlauf auf 110 mm vergrößerte.
Ein Tribut an die häufig vernommenen Klagen über Hochgeschwindigkeitspendeln beim Vormodell.
Bei den Felgendimensionen ist man inzwischen bei 3,5 bzw. 5,5 Zoll angelangt. Die FZR kommt derzeit mit zwei Erstausrüstungsmöglichkeiten. Michelin Radials 130/60-17 bzw. 170/60-17 oder Pirelli MP7 Sport derselben Dimension.
Während für den europäischen Markt Michelins montiert wer den, rollt die US-Version auf Pirellis. Ich hatte in Riverside Gelegenheit, die FZR auf unter schiedlichen Gummis zu pro bieren. Obwohl der Pirelli-Sport im 90%-Bereich ein gewöhnungsbedürftiges Fahrverhalten an den Tag legt, ist er in den Rundenzeiten eine Klasse für sich.

Die beste Kontrolle mit Einbußen in der Geradeausstabilität bietet nach wie vor der brutalen Leistung der beiden Motorräder zugeschrieben, nach Schräglagentests ohne Last fokussierte sich die Ursache in einer offenbar zu harten Gummimischung der Radials. Könnte man bei einem Motorrad noch von einem zu lange abgelegenen Restpaar sprechen, muss diese Annahme bei drei Motorrädern einer ernsten Nachdenklichkeit weichen.
Unbestritten nach wie vor sind die Vorteile der Michelins im Handlingbereich und die gut kontrollierbare übersteuernde Abstimmung, Abstriche müssen dafür im leichten und mittleren Schräglagenbereich gemacht werden, wo sowohl Yamaha als auch Suzuki eine lästige Tendenz zum Hineinkippen in die Kurve zeigen. Die unterschiedlichen Reifenqualitäten werden besonders bei einem Motorrad wie der FZR Anlass zu einem Metzeler CompK.
Laut Metzeler besitzen der MP7 -S und der CompK eine ganz ähnliche Gummimischung. Wegen des differierenden Unterbaus eignet sich der Pirelli mehr für heiße Regionen, während der Metzeler in den hierzulande üblichen Temperaturbereichen seine besten Werte erzielt.

Am selben Niveau mit Vorteilen im Brems verhalten rangiert der Dunlop Elite. Ein kräftiges Lebenszeichen dieser Firma bei den schweren Straßenbikes. Ich weiß nicht, warum ich mit den Michelin-Radials auf den europäischen Rennstrecken überhaupt nicht zurechtkam.
Die Haftgrenze sowohl bei FZR 1000 als auch bei der GSX-R 1100 lag nur marginal über der Honda CBR-500-Erstausstattung. Anfangs wurde das frühzeitige Wegschmieren des Hinterreifens.

Ein wunder Punkt bei den ersten FZR 1000 waren die zu schwach dimensionierten Kolbenbolzen. Die Klopfgeräusche bei Standgas waren auf Verschleiß in diesem Bereich zu rückzuführen. Der neue Motor hat sowohl verstärkte Pleueln den und Lager als auch dickere Kolbenbolzen mit kegelförmigen Innenbohrungen. Ein alter Trick des Zubehörmarktes, um Gewicht zu sparen.

Mit diesen Verstärkungen des Kurbelgehäuses wurde der Mehrleistung des geänderten Zylinderkopfes Rechnung getragen. Die Ventile stehen jetzt in einem um 2 größeren Winkel zueinander.

Dadurch bekam der Brennraum ein etwas runderes Profil. Im Zuge der Verbesserungen wur den auch die Kanalführungen steiler und damit direkter. Unmittelbar über den Ventilsitzen gehen die Kanäle ungefähr 1,5 cm parallel zur Ventilachse.
Eine wesentliche Maßnahme, um eine optimale, ventilaxiale Strömung aufzubauen. Durch die geänderten Kanalformen mussten die Ventilfedersitze ebenfalls in die Höhe rücken.

Im Endeffekt würde dies zu einem höheren Motorbau führen, durch die Verwendung schmälerer und kürzerer Stößel konnten bei unveränderter Federlänge sogar 0,8 mm Motor Bauhöhe eingespart werden.Besondere Detailarbeit ließ man den flankierenden Maß nahmen zur Verbesserung der Gemischströmung angedeihen.

Die Ventilschäfte magerten auf 4,5 mm ab, die Vergaser haben jetzt 38 mm Durchmesser, und natürlich wurde auch das Luftfilterkastenvolumen erhöht. So gar der Gummiflansch zwischen Vergaser und Motor wurde optimal angepasst.
Auslassseitig ist das bereits bekannte EXUP-System am Werke. Trotz der Verwendung von Flattop-Kolben konnte das Verdichtungsverhältnis wegen der größeren Bohrung auf satte 12' 1 gesteigert werden. Die neuen Kolben werden von dünneren und leichter vorgespannten Kolbenringen umarmt. Man kann dem Pressetext glauben, dass dieser Motor bis an die Kalkulationsgrenze optimiert wurde.

Die Prüfstandwerter sprechen dazu eine deutliche Sprache, Am Kerker-Dyno brachte eine entdrosselte FZR 1000 ohne Einfahrprozedur 117 PS am Hinterrad, Dieser Wert ent spricht bereits über 130 PS an der  Kurbelwelle.
Erinnern wir uns an die RW-FZR 1000, die mit offenem Endrohr, Lufttrichtern und akkurater Vergaserabstimmung 148 PS auf die Walze wuchtete, Gemessen am Kurbelwellenausgang, wohlgemerkt. Für das 88ger Modell werden von Yamaha 145 PS bei 10.000 min-1 veranschlagt.
Ich konnte bisher zwei entdrosselte österreichische Modelle fahren, die vor allem im Bereich über 9.000 min-1 wesentlich giftiger ausdrehten als das gemessene US-Modell.

Nachdem bei der schwächeren Yamoto-FZR eine Höchstgeschwindigkeit von 268 km/h bei 11.000 min-1 gemessen worden war, konnte aufgrund der zu kurzen Übersetzung keine Computer-Fahrwiderstandsrechnung über die maximale Leistung erstellt werden. Anhand der Beschleunigungszeiten von 100 km/h auf 200 km/h ist die Motorleistung im Bereich zwischen 135 und 140 PS anzunehmen.
Die stärkere Yamoto-FZR kann bei rund 143 PS eingeordnet werden.
Die 125er bzw. 122,5er Düsen sind beim entdrosselten Modell meiner Meinung nach nicht der Weisheit letzter Schluss. Es ist aber klar, dass mit dem Original Luftfilterkasten ein brauchbarer Kompromiss gefunden werden musste.
Möglicherweise könnten beim Abstimmen des EXUP-Systems auf größere Hauptdüsen in Verbindung mit offenen Trichtern Probleme auftauchen. Kerker hat bereits mit einem komplett überarbeiteten EXUP und größeren Vergasern mit Luftrichtern Versuche gefahren.
Erstmalig wurde dabei die V-max Maschine übertroffen. Man spricht bei Kerker nicht gerne davon und man spricht auch sehr leise: 160 PS.
Angesichts dieser Werte erheitert mich eine unerklärliche Diskrepanz zu einem Bericht der bundesdeutschen Motorradzeitschrift "PS" über Leistungsangaben ungedrosselter Motorräder, Unter anderen wurde eine ungedrosselte FJ 1200 mit 114 PS gemessen.
Sieht man davon ab, dass die Redakteure von" PS" unglücklicherweise immer die absoluten Gurken der Bauserie er wischt haben könnten, gibt es für dieses Rätsel zwei Erklärungen: die Entdrosselung z. B. einer FZR 1000 besteht nicht nur im Entfernen der Drosseln im Ansaug- oder Abgastrakt. Wesentlich ist die Veränderung der Bedüsung und die Umstellung der Zündbox. Wird eine dieser Maßnahmen nicht durchgeführt, kann man die Leistung nur noch im Prospekt suchen.
Die zweite Möglichkeit besteht im Wirken eines vernünftigen guten Geistes, der jeglichen Entdrosselungsversuch mit Zauberhand zunichte macht, um die wackeren Tourenfahrer mit den 40-I-Packtaschen auf den GSX-R 1100ern nicht zu gefährden.

Allerdings dürfte es auch in Germany einige Leute geben, die wissen, worum es geht. Ich erinnere mich an eine Autobahnfahrt von Frankfurt nach München im Jahre des Herrn 1986. Der Rent-a-car-300E war zwar nicht das Maß der Dinge, was aber meiner Freude über das legale Durchtreten des lauten Pedals keinen Abbruch tat.
Irgendwann hat mich eine FZR 1000 überholt, mit guten 50 km/h plus auf die 220 km/h des Benz. Ich glaube, ich bin vor Schreck aufgestanden im Fahrersitz.
Was für ein Motorrad, was für ein Fahrer. Mir kommt schon beim Messen der Höchstgeschwindigkeit das nackte Grauen. Auf der Autobahn über längere Zeit stehen lassen? - Niemals.
Einmal bin ich mit einem Reifendefekt bei 240 km/h ab gestiegen - der Chirurg hätte mir beinahe die große Zehe statt des fehlenden Daumens an der linken Hand angenäht.
Andererseits - mein Material wert hat sich seither, dank der vielen Silberplatten, mehr als verdoppelt.

Zurück zur aktuellen FZR 1000. Wir stellen fest, dass gute Modelle im entdrosselten Zustand mit Luftfilter und Originalauspuff die 140 PS-Grenze überschreiten können.
Eine starke Ansage. Er wähnenswert ist auch der gewaltige Leistungsvorsprung gegenüber dem Vormodell im Bereich zwischen 6.000 min-1 und 9.500 min-1 Der Leistungseinbruch bei 7.000 min-1 wurde ebenfalls eliminiert.
Angesichts der gebotenen Leistung wäre ein gesteigerter Spritverbrauch durchaus angemessen. In diesem Punkt enttäuscht die FZR die gestellten Erwartungen. Unter verschärften Bedingungen lag der Verbrauch bei akzeptablen 8,2 l.
Man spürt auf Anhieb, dass die Yamaha härter geworden ist.
Mit den nach unten gerückten Lenkerstummeln und dem verringerten Abstand zwischen Sitz und Lenker ergibt sich ein kompromissloses Sportfeeling, das mit Tourenfahren überhaupt nichts mehr im Sirr hat.Allein die Sitzposition vermittelt mehr Kontrolle über den Untersatz. Wir wollen nicht darüber diskutieren, wie zeitgemäß die Yamaha im heutigen Verkehrsgeschehen ist. Dazu zerbrechen sich andere die Köpfe, Wir sind zufrieden, wenn wir diese gescheiten Köpfe möglichst in einem Zug überholen können.
Dank des vorbildlichen Motors bekommt die Yamaha das Prädikat "alltagstauglich "

Holen wir uns die Relation. Man sitzt bequemer als auf der '86er GSX-R 750, der Motor zieht bereits aus niedrigsten Drehzahlen ruckfrei und mit sparsamster Geräuschentwicklung, die Hebel und Schalter sind vor bildlich angeordnet, die Verarbeitungsqualität ist über jede Kritik erhaben und in den Rückblickspiegeln sieht man noch immer nicht sehr viel.
Professionals bewegen sich zwischen 7.500 min-1 und 11,000 min-1 Vorteilhaft ist der kontinuierliche Leistungsanstieg. Man sollte anfangs immer den nächsthöheren Gang des satt zu schaltenden Fünfganggetriebes einlegen. Erst wenn man das Gefühl für den Untersatz entwickelt hat, empfiehlt sich das Einschenken im Drehzahlbereich.
Die Yamaha-Fahrwerkstechniker haben wirklich ganze Arbeit geleistet. Das Untersteuern im Kurveneingang gehört ebenso der Vergangenheit an wie die Schwächeerscheinungen des Federbeins.

Man spürt die 236 kg natürlich. In Wechsel kurven muss Hand angelegt werden, um die FZR zu einer Richtungsänderung zu veranlassen. Bei harter Fahrweise muss die Federvorspannung der Gabel auf den Maximalwert gestellt werden, da die Maschine sonst beim Anbremsen zu tief eintaucht. Flüssiger als beim Vormodell geht der Übergang vom Anbremsen in die Schräglage vonstatten
Die FZR verträgt jetzt Bremsmanöver in Schräglage, ohne den Fahrer in die Gefahr eines Frontsiders zu bringen. Eine leichte Aufstelltendenz ist bei Bremsmanövern in starker Schräglage zu bemerken, mit entsprechender Gewichtsverlagerung ist so ein Manöver über beide Räder und nicht wie beim Vormodell nur über das Vorderrad auszufahren.
Obwohl das Öhlins-Federbein mit perfekten Dämpfungseigenschaften brilliert, sorgt das Überangebot an Motorleistung des Öfteren für martialische Szenen im Kurvenausgang.

Kommen in dieser Phase Bodenwellen ins Spiel, gerät der Lenker manchmal außer Kontrolle. Für geübte Piloten kein Grund zur Panik, aber eben doch eine Situation auf die man nicht besonders erpicht ist. Die Abhilfe ist immer dieselbe und betriff eigentlich alle Motorräder, die am maximal möglichen Rand der Fahrwerksagilität liegen. Ein Lenkungsdämpfer. Natürlich werden die Fahrwerksreaktionen vor allem in engen Kurven damit verzögert.
Meiner Meinung nach sind Leute, die einen Lenkungsdämpfer benötigen, sowieso auf der schnellen Seite unterwegs, und da macht es wenig Unterschied, ob man in Spitzkehren fest oder sehr fest am Lenker anreißen muss,
Ob Lenkungsdämpfer oder nicht, im Winkelwerk erfordert die FZR Bewegung im Sattel.
Das Zusammenspiel von Bremsen, Liniensuchen und Umreißen wird durch das Gewicht der Maschine zu einer Aufgabe für talentierte Leute. Alle anderen legen in engen Kurvenpassagen einen reichlich eckigen Fahrstil vor und nur dem durch zugsstarken Motor ist es zu verdanken, dass eine 500er nicht zum Nahkampf aufläuft.

Die 1000er ist nicht für Winkelwerke geschaffen und das unsichere Herumstochern in blinden Kurven ist dieses Motorrades eigentlich unwürdig. Die Stunde der FZR schlägt in mittelschnellen und schnellen Passagen, wo sich Motorleistung und Fahrwerksstabilität zu einer unschlagbaren Kombination verbinden Am meisten bietet die Yamaha ihrem Fahrer auf Rundenstrecken, wo Bremse, Fahrwerk und Motorleistung wirklich hundertprozentig gefordert werden können.

Ein eigenes Kapitel ist dabei die Bremsanlage der FZR. Die Bremsbeläge benötigen für optimale Reibwerte eine gewisse Betriebstemperatur, die sich erst nach einigen härteren Bremsungen einstellt. Im kalten Zustand verstärkt sich die Bremswirkung bei gleich bleibender Hebelkraft allmählich und sorgt so auf der Straße für ein seltsames Bremsgefühl.
Man gewöhnt sich allerdings nach ein paar Kilometern an diese Eigenheit und von da an ist die Yamaha-Bremse das effektivste, was derzeit in Serienmotorräder eingebaut wird. Auf der Rennstrecke lässt sich der Vorderreifen vom ersten Zu packen weg an der Rutschgrenze dosieren, und die Wirkung lässt auch nach mehreren scharfen Runden kaum nach. Angezeigt ist allerdings die Montage von Stahlschläuchen, da de Druckpunkt nach einiger Zeit nach innen wandert. Diese Modifikation zahlt sich aber tat sächlich nur bei häufigem Rundstreckenbetrieb aus.

Probleme bei forciertem Betrieb gibt es mit der Schräglagenfreiheit. Auf offenen Straßen kein Thema, immerhin kann man ein Stück weiter umlegen als beim Vormodell, werden auf griffigem Untergrund und mit guten Gummimischungen Seitenständer, Fußraster und Auspuffanlage ganz schön in Mitleidenschaft gezogen.
Fred Merkel hat sich bei Kerker die Auspuffanlage sofort abändern lassen, und so wie ich den Schlingel kenne, fährt er inzwischen ohne Seitenständer und Verkleidungsunterteil.
Kaum Probleme mit aufsetzenden Teilen gibt es mit den Michelins, der Hinterreifen erreicht etwa mit dem Aufsetzen des Fußrasters seinen Grenzbereich, Ich will nicht extra erwähnen, dass die FZR ein Motorrad für Hang-off-Fahrstil ist. Obwohl sie mit den Michelins auch im englischen Fahrstil ausreichend handlich ist, erfordert die geballte Technik natürlich auch einen adäquaten Fahrstil.
Nichts für ungut Leute, aber Tourenfahrer finden weit bessere Motorräder im aktuellen Angebot.
In extremen Situationen wird es in der Originalabstimmung notwendig sein, einen europäischen Hang-off zu fahren, um maximale Gewichtsverlagerung zu erzielen. Ich persönlich hasse einen Wechsel im Bewegungsablauf auf dem Motorrad, aber im Ernstfall immer noch besser, als von der abschmierenden Auspuffanlage in einen Lowsider gezwungen zu werden.

Abschließend noch ein Wort zur Übersetzung der Yamaha. Meine eingangs erwähnte Feststellung der zu kurzen Übersetzung soll nicht als Kritik verstanden werden. Wie wir wissen, war die alte FZR um ein bis zwei Zähne zu lang übersetzt, dafür waren exorbitante Höchstgeschwindigkeiten realisierbar. Die neue FZR ist genau für die Praxis übersetzt.
Bei den maximal möglichen 11.500 min-1 läuft das Motorrad theoretische 280 km/h, mit ent sprechender Höchstgeschwindigkeitsübersetzung sind bei 143 PS und schmächtigem Fahrer echte 285 km/h möglich.
Auf die wird wahrscheinlich je der FZR-Pilot zugunsten der besseren Beschleunigung dankend verzichten.
Die Verbesserung der alten FZR muss also als hundertprozentiger Erfolg gefeiert werden.
Zweifellos ist die FZR 1000 ein kompromissloses Sportgerät ohne Tourenambitionen.

Es gibt jetzt kein Wenn und Aber über Motorleistung und Fahrwerksqualitäten mehr. Die große Yamaha hat in allen Disziplinen klare Verhältnisse geschaffen und ist das schnellste Großserienmotorrad unserer Tage. Die Konkurrenz für die Yamaha steht weder bei Suzuki noch bei Honda oder Kawasaki.

Sie heißt Bimota YB 6 und kostet rund das Dreifache der FZR 1000. Stay out in front and nuke the competition.

Autor: D. Dundenberg in Reitwagen Juni 1989

Letzte Änderung:
2010-02-16 20:25
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